Dienstag, 9. September 2014

Tag 9 San Magno - Sambuco (920m auf / 1.510m ab)

Wir öffnen die Fensterläden und freuen uns über die Morgensonne. Das ist doch mal gut so, denn heute wollen wir nach Sambuco zurückkehren, haben also nochmal eine längere Tour vor uns. Dafür bevorzugen wir den Sonnenschein gerne dem gestrigen Nebelmeer. Das ordentliche Frühstück wurde erst ab 8 serviert und auch danach treibt uns nichts zur Eile. Es scheint, wir wollen den letzten Wandertag nochmal richtig genießen. Die Abschiedsfotos schießen wir dann erst kurz vor halb 10.

Bezüglich der Route haben wir heute die Qual der Wahl. Gemütlich die bereits seit den 90er Jahren asphaltierte Militärstraße hinauf zum Colle di Morti oder eine Variante für Experimentierfreudige (Zitat aus dem Wanderführer) über die Berge. Aber diese Entscheidung steht erst nach gut 3km auf der Straße an. Der Vorteil an einer solchen Straßenwanderung ist ja, dass man in aller Ruhe die Gegend betrachten kann und das lohnt sich bei den schroffen Kalkfelsen, die hier zur Talbegrenzung aufgestellt wurden allemal. Es bestätigt sich wieder einmal meine Theorie, dass die Natur aus Korallenkacke die schönsten und imposantesten Felsen formen kann. Zuckersüße Himbeeren gibt es auch noch zu Hauf... Wollen wir heute wirklich schon aufhören? Die Straße zum Pass ist mit einer durchschnittlichen Steigung von 13,8% übrigens eine beliebte Etappe bei Tour de France und vor allem Giro d'Italia. Dazu später mehr. Autos fahren nur wenige, am Wochenende soll das anders sein und mächtig stören.

Kurz vor dem Abzweig parkt ein Auto in einer Ausbuchtung, zwei Italiener springen heraus und schlagen sich hangaufwärts in die Büsche. Ein Schild bestätigt den Verdacht, hier wäre unser Abzweig. Nein hier ist unser Abzweig, also hinterher. Der Weg ist gar nicht so verwachsen, wie im Führer beschrieben und ab und dann findet sich sogar ein roter Farbkleks und wenn der mal ausbleibt, finden wir dank Orux wieder auf den rechten Weg. Am ersten Pass lockt ein Abstecher zum Rocca di Parvo (30min), doch alles können wir heute nicht mitnehmen. Weiter hinauf also zum Colle dal Nais (2.420m) müssen wir das erste mal in diesem Jahr richtig steigen. Im Nebel könnte das Schroffengelände Schwierigkeiten bereiten, aber bislang ziehen nur vereinzelte Wolken umher und wir haben den Sattel im Blickfeld.

Oben locken wiederum zwei Gipfelkreuze, links der Felszacken des Parvetto (2.490m) und rechts die offensichtlich bequem zu erreichende Wiesenpyramide des etwas höheren Monte Parvo, auf der sich bereits Ausflügler vom Pass tummeln. Informationen haben wir zu beiden nicht, also geht Schönheit vor  Höhe und etwas Felskontakt kann vor der angestrebten Besteigung des Mon Viso sicher nicht schaden. Die letzte Steilstufe sieht etwas abweisend aus, aber lassen wir uns überraschen. Zunächst über Schroffen und dann in Blockkletterei zum Grat. DoDo steigt tapfer hinterher. Wenn sie möchte, kann sie also doch noch kraxeln. Am Grat sind wir erleichtert, die abweisende Steilstufe lässt sich umgehen, die letzten Meter zum Gipfel erfordern nochmal etwas Handeinsatz, sind aber nicht allzu ausgesetzt. Dann reichen wir uns am Gipfelkreuz die Hand zum Berg Heil. Nach ausgiebiger Fotosession kraxeln wir zurück, huckeln die zurückgelassen Rucksäcke wieder auf und wandern zufrieden hinab zum Sattel.

Über Almgelände geht es dann hinauf zur Cima Fauniera (2.515m) und wir erreichen bequem den höchsten Punkt des Tages. Hier oben finden wir ein wahres Meer an Edelweiß. So viele habe ich noch nie an einem Fleck gesehen und vermute, ob der nur noch 10min entfernten Straße, gärtnerische Nachhilfe. Auch wir steigen hinab zum Passo di morti, der eigentlich Colle die Fauniera (2.481m) heißt. Seinen Beinamen (Mörderpass) erhielt er durch die Radrennen. Einem der größten italienischen Bergfahrer wurde hier ein Denkmal gesetzt und wir werden am Pass von einem in Stein gehauenen Marco Pantani begrüßt.

Wir folgen der Straße ein Stück abwärts und rasten an einem windgeschützten Fleckchen. Natürlich verspeisen wir gleich einen Großteil unserer am Kloster erworbenen Käsevorräte. Währenddessen hüllen sich die Berge in Wolken und schließlich müssen wir unseren Abstieg wieder im Nebel fortsetzen. Wir sind bereits wieder im Almgelände als uns ein Donnergrollen erschreckt. Kurz darauf plattern dicke Regentropfen herab. DoDo spannt den Schirm auf, den habe ich dummerweise in Berlin liegen gelassen. Also entschließe ich mich für den Vollschutz und werfe den großen Poncho über und ziehe die Gamaschen an. Zumindest habe ich das Zeug nicht umsonst durchs Gebirge geschleppt und das Gewitter sucht sich lieber schlechter ausgestattete Opfer. Doch nach 5min legt sich der Schauer schon wieder, aber das Donnergrollen bleibt. Offensichtlich bildet der linksseitig unser Tal begrenzende Berggrat genau die Wettergrenze. Schnellen Schrittes eilen wir hinab, es bleibt trocken. Durch die steile Schlucht des Vallone della Madonna sind wir ganz froh, nicht im Regen gehen zu müssen. Danach noch etwas durch den Wald hinab, dann weitet sich das Tal und in wenigen Minuten erreichen wir den Ortseingang von Sambuco.

Durch das idyllische Bergdorf erreichen wir die Osteria della Pace. Hossa, das Hotel ist voll und wir werden im Nebengebäude untergebracht. Man merkt, dass der Wirt regelmäßig im deutschsprachigen Raum wirbt. So hat man freilich auch im September das Haus noch voll. Dem Abendessen schadet der Andrang nicht und es wird gute Hausmannskost serviert, wie wir es nennen würden. Wir treffen auch unsere Holländer aus Elva wieder. Sie hatten mit dem Wetter weniger Glück und mussten im Regen direkt zur Straße vor Pontebernardo absteigen und wurden dort vom Wirt mit dem Auto eingesammelt. Den kurzen Wandertag von Pontebernardo nach Sambuco ersetzen sie verständlicher Weise durch einen Trocknungs- und  Erholungstag.

Damit endet unsere diesjährige GTA-Wanderung. Nicht einmal eine spannende Rückreise mit Bus und Bahn haben wir zu bieten. Wir kamen ja fast am Parkplatz wieder an und das Auto stand noch wohlbehalten dort.

Die Runde war technisch wenig anspruchsvoll und verlangt auch konditionell keine Höchstleistungen. Auch die Quartiere waren fast ausnahmslos lobenswert, nur das Rifugio Campo Base ward seinem Namen gerecht und vermittelt Basislagerfeeling. Also wer mag und 8-9 Tage unterwegs sein möchte, dem sei die Runde empfohlen.

Mehr Bilder gibt's dann noch in der Nachbereitung zu Hause (so Ende September) 
Mon Viso-Wetter ist vorerst nicht, wir ziehen also das Sightseeing vor und werden uns Cuneo, Manta und Saluzzo anschauen. Falls sich das Wetter nochmal bessert, berichten wir von der Besteigung des Berges neben der GTA.

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