Montag, 8. September 2014

Tag 8 Celle di Macra - San Magno (1.100m auf / 670m ab)

Die Bummeltage sind vorbei, unsere letzten beiden Tourentage sind mit jeweils gut 6h reiner Gehzeit veranschlagt. Die Sonne scheint, was will man mehr. Also frühstücken wir und verabschieden uns von unseren netten Gastgebern. Sie teilen uns noch mit, dass sich ein Gast aus Richtung San Magno angemeldet hat, wir sollten heute also zumindest einen Menschen treffen.

Kurz vor 9 verlassen wir Celle und steigen auf einer Mulattiera hinauf zum nächsten Weiler und sind gleich mal falsch. Zum Glück finden wir einen Weg, der am Hang quert und so müssen wir nicht wieder absteigen. Im nächsten Dörfchen halten uns kleine Tafeln mit italienischen Weisheiten auf. Die müssen natürlich alle gelesen und übersetzt werden, was zumindest mir mit meinem typischen Wirtshausitalienisch nicht immer gelingt. Weiter die Almstraße nach oben steht ein großer Kampfhund am Wegesrand und wir waren schon erleichtert als sein Besitzer aus dem Wald dazu kam. Ein kurzer Schwatz und weiter geht es, er folgt uns und muss natürlich beweisen, dass er schneller unterwegs ist als wir und eilt davon. Ohne Rucksack keine Kunst, also lassen wir ihm seinen Erfolg.

An der Alm auf gut 1.700m wartet er auf uns an der Quelle. Wir fassen Wasser, wünschen uns gegenseitig buona giornata und dann trennen sich die Wege. Nur wo geht unser Weg entlang? In alle Richtungen zweigen mehrere Kuhpfade ab, Markierungen fehlen gänzlich. Wir studieren Karte und Wegbeschreibung und nehmen schließlich beide einen Pfad in die vermeintliche Richtung. Ich bin der Glückliche und finde die erste Markierung, DoDo muss zurück und folgt dem Pfad. Es war zwar der richtige, aber keinesfalls der schönste. Von Kühen zertrampelt und zahlreich mit Fladen versehen, dazu zugewachsen... Wegbeschimpfungen bleiben da nicht aus. Weiter oben kommt dann noch Erlengestrüpp dazu und zerkratzt die Beine. Lange Hosen mag ich aber angesichts des nach wie vor drückenden Grindes am Knie auch nicht überziehen. In kurzen Hosen hab ich damit keinerlei Probleme.

Am Grat angekommen, begrüßen uns zwei Jagdhunde, die aber kein ernstliches Interesse an uns haben. 100m später folgen zwei weitere plus Herrchen. In 3 Stunden also 5 Hunde und 3 Menschen getroffen, richtig was los hier. Der Grat ist nun vollständig in Wolken. Den versprochenen Abzweig zur weiteren Gratüberschreitung können wir nicht entdecken, also bleiben wir auf dem Hauptweg und schlängeln uns 100m unterhalb am Hang entlang. Das Erlengestrüpp verschwindet endlich und weicht Almgelände, also entscheiden wir uns doch noch weglos zum höchsten Punkt (Rocca Cernauda, 2.283m) aufzusteigen. Man soll von hier eine schöne Aussicht haben, in unserem Wolkenmeer haben wir eine Sichtweite von max 50m. Hunger haben wir trotzdem, also steht zunächst eine ausgiebige Rast auf dem Programm.

Danach geht es hinab zum Pass, dort treffen wir zwei Mountainbiker bei ihrer Rast im Nebel. Das Radfahren liebt der Italiener halt mehr als schnödes Wandern. Was man hier zu Fuß antrift sind Hirten, ansonsten Ausländer, zumeist Franzosen, dann unsere Spezies und Holländer. Am nächsten Weidegatter begrüßen uns zwei kläffende Hunde, diesmal ist vom Hirten leider nichts zu sehen. DoDo schlägt vor, das eingezäunte Gelände zu umgehen, doch der Weidezaun  zieht steil am Hang hinab und verliert sich im Nebel. Sicher hätten die Hunde große Freunde daran, uns auf unserem Umweg zu begleiten. Also verwerfen wir den Plan, kneifen die Pobacken zusammen und öffnen den Zaun. Tja, ich muss euch enttäuschen, wir wurden nicht von den Bestien angefallen. Sie nehmen 10m Sicherheitsabstand ein und verbellen uns noch eine Weile und kehren dann um. Wir folgen dann im steten auf uns ab mehr oder weniger dem Wiesengrat bis wir den Colle di Crosette erreichen. Von hier ab geht es steil über die Almen nach Castel Magno. Der Name kommt euch vertraut vor? Hier wird der gleichnamige berühmte Käse hergestellt. Die heja-Rufe eines Hirten schallen durch den Nebel und tatsächlich setzen sich die Kühe in seine Richtung in Bewegung. Am ganzen Hang klingen die Kuhglocken. Dann wieder Hundebellen und die Kleffer treiben die Nachzügler zusammen. Wir sind wiederum froh, dass man ihnen offensichtlich beigebracht hat, dass die Zweibeiner nicht zur Herde gehören. Für unseren Geschmack stand der Tag heute bereits zur Genüge im Zeichen des Hundes.

Weiter unten mischen sich klerikale Gesänge unter das Gebimmel der Kuhglocken. Wir erreichen den punto panoramico mit perfekter Aussicht auf das Kloster San Magno, zumindest hätten wir diesen, wenn wir nicht nach wie vor in den Wolken stehen würden. Also schnell hinab und ein paar Fotos aus der Nähe. Zufällig machen wir eine volle Punktlandung... es ist Sonntag und 16:00 Uhr wird die heilige Messe zelebriert, 5min vorher stehen wir vor der großen Kirche des Klosters und ich war froh dem üblichen Trubel vor einem touristischen Hotspot gleich wieder ins Innere entfliehen zu können. Der Kulturschock ist einfach zu groß, wenn man den ganzen Tag mehr Hunde als Menschen getroffen hat. Nach dem Gottesdienst besichtigt DoDo noch die berühmten Fresken in der Allemandikapelle direkt hinter dem Altar. In meinen kurzen Wanderhosen habe ich lieber darauf verzichtet.

Es besteht auch die Möglichkeit direkt im Kloster zu schlafen. Doch die beiden Holländer hatten uns ja davon abgeraten. Auf kalte Klosterzellen hatten wir nach einem feuchten Nebeltag nun wahrlich keine Lust. Also 10min hinab ins Dörfchen Chiappi und im Hotel La Font Quartier bezogen. Das Gebäude dient bereits seit 1763 als Gasthaus und ist architektonisch noch im alten Zustand erhalten. Die Zimmer sind durch die kleinen Fenster recht dunkel, aber sonst auf modernem Stand. Ein Teil des Hauses wird durch einen Wintergarten abgetrennt und zeigt die alte Scheune mit Inventar. Eine wirklich interessante Lösung das alte Flair zu erhalten. Auch das Abendessen verdient wieder Lob und bietet mit Kaninchentatar, Polenta mit Castel Magno Käse und kaltem Kaninchenrollbraten an Salat eine willkommene Abwechslung.

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